Die Evangelische Kirchengemeinde Kobe-Osaka (EKK) im Gasthaus Ökumene in Wittenberg

Eine besondere Erfahrung im Einsatz mit weiteren deutschsprachigen Auslandsgemeinden

Tafel vor dem Gasthaus
Tafel vor dem Gasthaus

In einer Woche Wittenberg kann man ein wenig nachfühlen, was sich einst durch Martin Luthers Courage in der Welt Bewegendes entwickelte. Diese eine Woche hatte besondere Erfahrungen ermöglicht. Es waren viele Besucher in der Lutherstadt Wittenberg anzutreffen und viele Anregungen gab es, um die Reformations-geschichte neu und nachhaltiger zu verstehen.

 

Das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover hatte im Jubiläumsjahr 500 Jahre Reformation seit Anfang Mai jeweils für eine Woche drei deutsch-sprachige Auslandsgemeinden zu einem besonderen Einsatz in die schöne Lutherstadt Wittenberg eingeladen.

Das Gasthaus und sein Vorplatz
Das Gasthaus und sein Vorplatz

Das Gasthaus Ökumene, ein großer Rundpavillon der EKD, war unterhalb der berühmten Schlosskirche im Luthergarten positioniert, wo auch andere kirchliche Pavillons standen und Gäste zum Austausch einluden. Der tägliche Besucherstrom war hier allerdings nicht sehr groß, weil das Hauptgeschehen sich im Stadtkern Wittenbergs abspielte. Dafür aber war das Interesse der Besucher enorm und intensiv.

Drei unterschiedliche Gemeinden wirken zusammen

So waren vom 29.08. bis 05.09.2017 die evangelische St. Gertruds Gemeinde aus Stockholm, Schweden und die German Church School von Addis-Abeba, Äthiopien sowie unsere Evangelische Kirchengemeinde Kobe-Osaka, Japan zu Gast in Wittenberg. Mit dem EKD-Team und den Teams zu je 5 Personen aus den genannten Gemeinden waren wir insgesamt 20 Personen im „Gasthaus Ökumene“ in einem innovativen Einsatz. Diese internationale Gemeinschaft in Aktion vermittelte den interessierten Besuchern Einblick in das Gemeindeleben einer Auslandsgemeinde. Geographisch gesehen konnte man sagen, dass hier Menschen aus dem Osten und dem Westen, aus dem Norden und Süden zusammen gekommen waren.

 

Das Kennenlernen von Christen anderer Länder und der Austausch mit ihnen machte neu bewusst, wie herausfordernd doch ein Auslandsaufenthalt ist, und dass eine Auslandsgemeinde dadurch, dass sie sich bewusst in eine oft völlig anders strukturierte Christengemeinschaft hineinbegibt, immer Kirche für den Anderen (Dietrich Bonhoeffer) sein kann, weil sie sehr viele Chancen bietet, sein eigenes Christsein neu wahrzunehmen. Gewohntes und Fremdes korrespondieren dabei ständig. So war das auch in Wittenberg zu erfahren.

St. Gertruds Gemeinde in Stockholm/Schweden

Ikonographin C. Lundström erklärt ihre Ikonen
Ikonographin C. Lundström erklärt ihre Ikonen

Kennenlernen der ältesten deutsch-sprachigen evangelischen Aus-landsgemeinde, die „St. Gertruds Gemeinde“ in Stockholm (im 16. Jahrhundert von deutschen Kauf-leuten gegründet), die auf eine fast 450-jährige, durchaus wechselvolle Geschichte zurückblickt. Für viele Deutsche, aber auch für deutschsprachige Schweden ist sie ein wichtiger Ort der Gemeinschafts- und Glaubens-pflege durch Gottesdienste, sowie durch kulturelle und alltags-relevante soziale Angebote. Die Gemeinde kennt - analog der schwedischen evangelisch-lutherischen Kirche - ein Kirchensteuergesetz, das zum Teil die Finanzierung der großen Gemeinde sichern hilft. Doch ohne ehrenamtliches Engagement vieler Gemeindeglieder würde auch dort so manches nicht möglich sein.

 

Eine deutsche Diakonin ist in der St. Gertruds Gemeinde hauptamtlich u.a. für Jugendarbeit und Seniorenbetreuung zuständig. Ein von der EKD für einen mehrjährigen Zeitraum entsandter deutscher Pfarrer betreut diese Gemeinde. Auch er muss sich in das schwedische Kirchensystem und besonders in die altlutherische Liturgie und Kirchentradition der Gemeinde neu einfügen. Mit Gemeinden der schwedisch-lutherischen Kirche wird aktive protestantische Ökumene gepflegt.

 

Die Gemeinde hatte für den Einsatz in Wittenberg auch ein besonderes und beeindruckendes Kunstwerk mitgebracht, das Luthertriptyken (Luther-Triptychon). Die schwedische Künstlerin dieser dreiteiligen Ikone ist graduierte Ikonenmalerin, vorrangig orthodoxer Prägung. Sie erklärte ausführlich ihre drei Ikonen, die die Verknüpfung der Geschichten des alten und neuen Testaments mit dem Leben Martin Luthers deutlich werden ließ: Sola Scriptura – Sola Gracia – Sola Fide.

Die German Church School in Addis-Abeba/Äthiopien

Die German Church School wird vorgestellt
Die German Church School wird vorgestellt

Der Schulleiter, der Konrektor, sowie zwei Sozialarbeiterinnen der Schule und ein Jugendreferent der angegliederten Mekane Yesus Kirche waren nach Wittenberg gekommen. Diese Schule wurde vor etwa 45 Jahren von der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Addis-Abeba gegründet. Auch hier, wie an vielen Auslandsgemeinden, betreut ein von der EKD entsandter Pfarrer die Gemeinde. Von vielen Auslandsorganisationen wird diese Schule finanziell gefördert. Eine Schulklasse aus Gotha, die einen Tagesausflug nach Wittenberg gemacht hatte, konnte sich am Stand der German Church School ausführlich informieren und mit dem Leiter ein Gespräch führen. Denn auch diese Schule sammelt mit besonderen Aktionen Geld für diese bedeutungsvolle äthiopische Schule. Eindrücklich berichteten die Äthiopier vom Geschehen in der Schule mit angegliedertem Kindergarten; die Schule unterrichtet ca. 500 Schüler aus größtenteils sozial schwachen Familien und führt bis zum gymnasialen Abschluss; nahezu in jeder Klasse sind ein bis zwei Behinderte, meist sehbehinderte oder gar blinde Schüler, die nach dem Schulabschluss dort auch einen Beruf erlernen oder darauf vorbereitet werden können.

 

Die Pastoren und Sozialarbeiterinnen berichteten vom lebhaften Engagement junger Menschen in den Kirchen ihres Landes. Hier ist der Gottesdienst ein fröhliches und von Bewegung geprägtes Ereignis und umfasst die ganze Familie. Junge Christen engagieren sich an der German Church School oder in eigenen Gemeinden. Ihr Bekenntnis zum christlichen Glauben ist beeindruckend, Alltagsfröhlichkeit und Gelassenheit ausstrahlend. Da können wir Europäer eine Menge lernen.

 

Das Teff
Das Teff

Wir bekamen Einblick in die außerordentlich vielfältige Kultur Äthiopiens. Unsere besondere Aufmerksamkeit wurde auf das die Grundernährung sichernde Teff gerichtet, eine sehr kleinkörnige sog. Hirsefrucht, die als Mehl überwiegend zu Fladenbrot verarbeitet wird und sehr viele Nährstoffe enthält.

Auch durften wir täglich den besonders zubereiteten äthiopischen Kaffee genießen. Das war eine Wohltat für den Gaumen.

Die Evangelische Kirchengemeinde Kobe-Osaka (EKK)

Unser Team, das neben dem Vorstand und unserem Pfarrer, auch aus interessierten Mitgliedern bestand hatte sich seit Januar 2017 in zahlreichen Treffen intensiv mit unserer Geschichte und dem Thema Reformation auseinander-gesetzt und sich gemeinsam überlegt wie wir unsere Gemeinde auf der Weltausstellung vorstellen könnten. An der Weltausstellung selber nahm nur ein Teil des Teams, nämlich die Vorsitzende Myriam Müller, Heide Berger-Kobayashi, die Organistin Nami Uchiyama, Rahel Brendle und der langjährige ehemalige Vorstandsvorsitzende Bodo Walther teil.

 

Unser Tisch
Unser Tisch

So konnten wir einen Informations-stand mit Postern über die Geschichte des japanischen Christentums, über die Geschichte unserer Gemeinde und von Kirchen in Japan, eine PowerPoint - Präsentation über den Aktivisten Toyohiko Kagawa und Hörbeispiele von japanischer Kirchenmusik aufstellen. Daneben lagen unter anderem weitere Informationen zur japanischen Bibel, dem japanischen Gesangbuch, einem christlichen Wörterbuch und eine kleine Abhandlung zur christlichen Geschichte in Japan aus.

 

Unser Team erlebte interessiert fragende Besucher am Informationsstand. Die von Erstaunen geprägten Rückmeldungen über die so kleine Größe der Gemeinde (mit zwischen 15 – 30 Familien oder Einzelmitgliedern), die es seit 1871 schon gibt, und mit ihren Angeboten, die in erster Linie nur sonntags möglich sind, bewirkte in uns die Bestärkung, in Kobe am  richtigen Ort für die richtige Sache, nämlich einen der Gemeinschaft fördernden Beitrag, engagiert zu sein. Denn in der Woche sind kirchliche Veranstaltungen kaum realisierbar, schon wegen der oftmals langen Arbeitszeit in einem meist japanischen Unternehmen oder einer Universität, und der oftmals sehr langen Anfahrtszeit zur Kirche in Kobe, die außerdem noch abseits öffentlicher Verkehrswege auf dem Berg liegt.

 

Die Gemeinde feiert nur einmal im Monat einen Gottesdienst und kommt danach zu einem kleinen Imbiss zusammen, um sich auszutauschen. Christsein ist eben nicht nur Privatsache, sondern auch ein für die Öffentlichkeit wichtiger Aspekt.

Unsere PowerPoint-Vorträge über die Christianisierung des Landes und das Werden der kleinen Gemeinde vermit-telten einen Einblick in das karitative Engagement für in Not und am Rande der Gesellschaft lebende Menschen. Unter anderem unterstützen wir eine Beratungs-stelle für Suchtkranke in Osaka, die von der Japanischen Evangelisch Lutherischen Kirche (JELC) geführt wird und eine Abendschule in Indien (Bundesstaat Rajasthan, Distrikt Jaipur) für Frauen aus armen dörflichen Schichten, welche nie eine formale Schulbildung genossen haben, siehe oben Seite 2 und 3. Zwischen 2012 und 2017 unterstützten wir ein Projekt für Alleinerziehende in der Provinz Iwate, die nach der Dreifach-Katastrophe im März 2011 (Erdbeben, Tsunami und Nukleare Kernschmelze) im Norden Japans besonders hart betroffen waren,

Beim Falten
Beim Falten

Ein besonderer Anreiz zum Verweilen an unseren Informationsstand war das Falten von Kranichen, Fröschen und anderem aus japanischem Origami-Papier. Dies wurde von Jung und Alt intensiv genutzt. Nach Erklärungen über die Geschichte der japanischen Schriftentwicklung waren viele Besucher mutig heran-gegangen. ihre Namen in japanischen Schriftzeichen (Hiragana, Katakana und Kanji) selbst zu schreiben. Dazu gab es grünen Tee in schönen japanischen gespendeten Teebechern, serviert mit japanischen Reiscrackern. Ehemalige und aktuelle EKK-Gemeindemitglie-der haben sich in dieser Woche extra auf den Weg nach Wittenberg gemacht und waren erfreut über die gute Gelegenheit, diese Gemeinde zu erleben

 

Das Rote Sofa

Nachhaltigkeit in den Gemeinden in Adis Abeba, Kobe/Osaka und Stockholm
Nachhaltigkeit in den Gemeinden in Adis Abeba, Kobe/Osaka und Stockholm

Im Gasthaus Ökumene-Pavillon gab es das Rote Sofa für interessante Informa-tionsgespräche mit Kirchen-vertretern aus Deutschland und dem Ausland. Team-mitglieder aus den drei Wittenberg Auslandsgemeinden wurden ebenso zu Interviews gebeten. Auch hier war Gelegenheit gegeben, über das Geschehen und Werden der jeweiligen Auslandsgemeinde zu berichten. Die Mitarbeiter der EKD, die zuständige Oberkirchenräte der Auslandskirchengemeinden, wussten gezielt Fragen zu stellen was vor Ort in Äthiopien, Schweden oder Japan von Wichtigkeit ist.

Gemeinschaft erleben  fördert das Verstehen über Grenzen hinweg

Jeder Tag begann bzw. endete mit einer Andacht, an der auch Besucher teilgenommen haben. Das war ein guter Rahmen für das Gemeinschaftsgesche-hen dieser intensiven Begegnungswoche.

 

Lutherlieder in vier Sprachen
Lutherlieder in vier Sprachen

Als Weltausstellung geplant, sollten wir auch internationalen Gästen unsere Aktionen auf Englisch präsentieren, besonders da unsere Mitstreiter aus Äthiopien neben ihren eigenen Sprachen nur Englisch verstanden. Hervorzuheben war das Singen einiger Luther-Lieder in den vier Sprachen der Gastgeber des Gasthauses Ökumene, nämlich Englisch Schwedisch, Japanisch und Deutsch.

Den Mitarbeitern des EKD-Kirchenamts in Hannover ist ein besonderer Dank für das unkomplizierte und unterstützende Miteinander auszusprechen!

 

Das Miterleben und das Mitgestalten im Gasthaus Ökumene in Wittenberg war eine bereichernde Erfahrung in der Gemeinschaft.

 

    Myriam Müller, Bodo Walther

Bilder: privat



Unsere Vorbereitungen zum Reformationsjubiläum

Nami Uchiyama, Heide Berger-Kobayashi, Bodo Walther, Rahel Brendle, Myriam Müller (von l. nach r.)
Nami Uchiyama, Heide Berger-Kobayashi, Bodo Walther, Rahel Brendle, Myriam Müller (von l. nach r.)

Vertreter unserer Gemeinde werden im Gasthaus Ökumene, das im Rahmen der großen Reformationsfeiern in Wittenberg von der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) organisiert wird, die Gemeinde vom 30. August bis 4 September, vorstellen. Für die Vorbereitungen besuchte das Wittenberg-Team zunächst das Kagawa Center in Kobe und danach unseren langjährigen Pfarrer in Ruhestand Klaus Spennemann. Wir hatten dabei vor allem die Erarbeitung einer Übersicht über das Werden und Wirken der deutschsprachigen Gemeinde im Kansaigebiet (Kobe – Osaka – Kyoto) im Augen. Der heilig gesprochene Toyohiko Kagawa, hatte in den Wirren des 2. Weltkriegs auch Einfluss am Erhalt unser Kirche. Im Juni werden Gemeindemitglieder sich auf den Spuren der ersten Christen in Nagasaki begeben und auch davon das eine oder andere in die Präsentation mit aufnehmen.

 

Neben unserer kleinen Gemeinde werden zum selben Termin die Deutsche St. Gertruds Gemeinde Stockholm und die Gemeinde der evangelischen Kreuzkirche in Addis Abeba anwesend sein.  

Das Kagawa Memorial Center in Kobe

Das Memorial Center
Das Memorial Center

Mehrere Gemeindeglieder der EKK besuchten am 04. März 2017 das Kagawa Center (kleines Museum) in Kobe-Kasuganomichi. Wieder im Lande konnte ich auch mitgehen, denn mich interessierte dies, da ich von Pfarrer und Sozialreformer Toyohiko Kagawa schon Bücher gelesen hatte. Sein Wirken in Japan hat mich fasziniert.

 

Das Museum beherbergt sehr viele Schriften von und über Kagawa; Poster und mediale Bildfolgemontagen und Videos informieren über das Leben und Werk diesen für Japan so wichtigen Mannes und seiner Zeit. Zugeordnet ist ein Begegnungscafe, das gut besucht wird, besonders von älteren Menschen des Wohnviertels, da ein gutes, preisgünstiges Mittagessen angeboten wird.

 

Nach dem Mittagessen im Kagawa   Center
Nach dem Mittagessen im Kagawa Center

Toyohiko Kagawa lebte von 1888 – 1960. Während seiner Schulzeit kam er über einen Lehrer mit dem Christentum in Kontakt. Die Bibel hatte ihn, besonders die Berichte über Jesu und sein Handeln, sehr beeindruckt und bewirkten sein klares Bekenntnis zu Jesus Christus. Er studierte Theologie und war als Pfarrer in einem Armenviertel von Kobe viele Jahre tätig, wo er auch mit seiner Familie gewohnt hatte. Die Hinwendung im Studium zu weiteren Wissenschaften, besonders zu Fragen der Landwirtschaft und Arbeiterbewegung - er gründete diverse Bewegungen - hatten das Ziel, Menschen für das Gemeinwohl zu engagieren. Ihm war durchgehend ein Anliegen, dass Menschen mit der biblischen Botschaft in Berührung kommen konnten, weil ihm das Vorbildhandeln Jesu, für den Nächsten da zu sein, selbst befähigte sich vielen Aufgaben zu stellen. Er war viele Jahre Berater der Zentralregierung und in der Kansai-Region. Die Sozialreform zum Wohle der Arbeiterfamilien war ihm sehr wichtig. Als Christ wusste er sich gefordert, gegen die kriegerischen Pläne und Machenschaften der Regierung Stellung zu beziehen, was Bespitzelung, sogar Gefängnisaufenthalte zu Folge hatte. Das Wirken Kagawas erinnerte mich an die Pfarrer Hinrich Wichern und Theodor Fliedner, die im 19. Jahrhundert sozialreformatorisch in Kirche und Gesellschaft hineinwirkten und den Grundstein für die heutige Diakonie legten in der Zuwendung zu Menschen am Rande der Gesellschaft. Es lohnt sich die Schriften von oder über Toyohiko Kagawa zu lesen.

Bodo Walther

Diakon/Sozialtherapeut

Zeitgeschichte der Ev. Kirchengemeinde Kobe-Osaka   -  einmal anders

Pfarrer Klaus Spennemann
Pfarrer Klaus Spennemann

Einen interessanten Nachmittag konnten Mitglieder unserer Gemeinde im Kansai Seminar House (Kyoto) am 8. April erleben. Sie hatten sich auf den Weg gemacht zu einem Besuch bei Prof. Dr. Spennemann. Ziel des Gespräches war, mehr über die Geschichte unserer EKK-Gemeinde zu erfahren, von einem Kirchenmann, der die Gemeinde als Pfarrer im Nebenamt etwa 45 Jahre begleitet hat. Diese Aufgabe bewältigte er zusätzlich zur Leitung des Seminar House und der späteren Professur an der Doshisha-Universität in Kyoto. Einmal monatlich und an besonderen kirchlichen Feiertagen findet in der Kobe Union Church ein deutschsprachiger Gottesdienst statt; früher in Kobe-Sannomiya (heute ein gut besuchtes Café-House der Bäckerei Freundlieb), seit ca. 1992 auf dem Teilgelände der ehemaligen Canadian Academy am Hankyu-Rokko-Berg; ein steiler, aber lohnender Weg zur Kirche.

 

Zu Beginn zeigte uns Dr. Spennemann einige Fotoalben, die einen visuellen Überblick über die Gemeinde vermittelten. Dazu wusste Dr. Spennemann zeitgeschichtliche Ergänzungen zu benennen und manche personenbezogene Anekdote zu schildern.

Im Kansai Seminar Haus mit Pfarrer Spennemannn
Im Kansai Seminar Haus mit Pfarrer Spennemannn

Im Weiteren legte Dr. Spennemann von ihm in den Jahren gesammelte Unterlagen vor, die wichtige Zeitdokumente über das Werden der deutschsprachigen protestantischen Gemeinde in Kobe sind und in das Archiv der Gemeinde übergehen sollen.

 

Die Wirren des zweiten Weltkriegs hätten beinahe dazu geführt, dass die damalige Kirche von den amerikanischen Besatzungsbehörden konfisziert worden wäre, doch kluge Gemeindeglieder der EKK und der amerikanischen KUPC - als kirchliche Gesamtkörperschaft - wussten dies in geschickter Weise zu verhindern. Natürlich wurden viele Namen genannt von Gemeindegliedern der Vergangenheit, die sich mit ihren Möglichkeiten für das Gemeindeleben engagiert haben. Denn ohne das persönliche Engagement vieler in der Gemeinde ist Kirche im Ausland nur schwer zu gestalten und aktiv zu beleben.

 

Auch ich*, der ich von 1983 – 1992 mit meiner Familie Mitglied der EKK gewesen bin und die Gemeinde als Vorsitzender von 1986 – 1992 leitete, konnte Zusammenhänge erfahren, die mir vorher in dieser Klarheit nicht bekannt waren. Man lernt eben nie aus!

H. Berger-Kobayashi, M. Müller, Pfr. A. Rusterholz, N. Uchiyama, D. Negi, Pfr. K. Spennemann, B. Walther, B. Rohde (von l. nach r.)
H. Berger-Kobayashi, M. Müller, Pfr. A. Rusterholz, N. Uchiyama, D. Negi, Pfr. K. Spennemann, B. Walther, B. Rohde (von l. nach r.)

Der jetzige Gemeindevorstand dankte Dr. Spennemann für die wichtigen Informationen, die eine Ergänzung darstellen für die Erarbeitung einer Übersicht über das Werden und Wirken der deutschsprachigen Gemeinde im Kansaigebiet (Kobe – Osaka – Kyoto), die bei einer Veranstaltung Anfang September 2017 in Wittenberg im Rahmen einer EKD-Woche der ‚Auslandsgemeinden‘ vorgestellt werden sollen. Neben unserer doch kleinen Gemeinde werden auch andere deutschsprachige Auslandsgemeinden die Gelegenheit haben, ihr Ge-meindeleben in einem fremden Land und ihr diakonisch-soziales Engagement im Gastland exemplarisch vorzustellen.

 

Bodo Walther*

Diakon/Sozialtherapeut

 

*) vom 24.02. – 20.04.2017 wieder in Osaka-Kamagasaki fachspezifisch beratend tätig im Diaconia- Center „Kibo no Ie“, der Beratungsstelle für Alkoholkranke und von Wohnungslosigkeit betroffene Personen; eine Einrichtung der Japan Evangelical Lutheran Church, die mit der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig seit 50 Jahren eine aktive Partnerschaft pflegt.

Planungen für das Gasthaus Ökumene in Wittenberg

Die Vorbereitungen unserer Gemeinde für die Präsentation im Gasthaus der Ökumene anlässlich der Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation sind mittlerweile weiter vorangeschritten. Wir werden dort in Form von Postern die Anfänge des Christentums in Japan und die Geschichte unserer Gemeinde mit ihren aktuellen Aktivitäten vorstellen. Darüber hinaus ist geplant, japanische Übersetzungen der Bibel und theologische Schriften in einem Schaukasten auszustellen. Vorgesehen ist auch die Einrichtung einer kleinen „Audiostation“, an der die Besucher über Kopfhörer japanische Kirchenmusik hören können. Insbesondere, aber nicht nur jüngere Besucher sind eingeladen, sich an einem Tisch an der Kunst des Papierfaltens (Origami) zu versuchen. Die Verbindung von Glaube und Diakonie in Japan soll am Beispiel des Sozialreformers Toyohiko Kagawa illustriert werden. Schließlich sind auch kürzere Andachten geplant. Für all diese Aktivitäten bereiten verschiedene Mitglieder der Gemeinde seit einigen Wochen Materialien vor. Wir freuen uns darauf, die EKK und das japanische Christentum in Wittenberg den Besuchern nahebringen zu können.

 

Photos: Bodo Walther,

 Dinah Imanari