Am 20.Juni machten sich sieben Mitglieder und Freunde unserer Gemeinde aus Kobe, Osaka und Kyoto auf nach Hamasaka, einer Küstenstadt im Norden der Präfektur Hyogo. Von dort ging es 45 min weiter mit dem Taxi tief in die Bergeinsamkeit, vorbei an kleinen Dörfern, fruchtbaren Feldern, wilden Wäldern zum Tempel, der fernab der Zivilisation einsam und verlassen auf einem Berg liegt.
Im Antaiji angekommen wurden wir vom Abt Muho Noelke in Empfang genommen und durch das Kloster geführt. Im Hondou führte er uns in das Zazen ein, einem zweistündiges stillen Sitzen im Lotussitz oder Schneidersitz mit dem Ziel, die Gedanken loszulassen.
Vor dem Abendessen um 5 Uhr hatten wir noch kurz Zeit zu einem kleinen Spaziergang rund um den Tempel. Ringsum standen die Hortensien in voller Blüte, ganze Berghänge waren von prächtigem Blau überzogen. Im liebevoll angelegten Kräutergarten gedeihten Fenchel, Liebstöckel, Salbei, Minze und vieles mehr. Doch die Reis- und Kartoffelfelder, die landwirtschaftlichen Maschinen und die mit schwerem Arbeitsgerät ausgestattete Scheune erinnerten daran, dass das komplett autarke Klosterleben des Antaiji vor allem schwere körperliche Arbeit bedeutet. Im Winter liegt hier so viel Schnee, dass der Tempel vier Monate lang nahezu von der Außenwelt abgeschnitten ist und die Klostergemeinschaft von den wenigen Feldfrüchten leben muss, die noch übrig sind.
Es ist daher nicht von ungefähr, dass den Mahlzeiten – und der Essenszubereitung – im Zen-Tempel eine sehr große Bedeutung zukommt. Das Essen wird vom Tenzo, dem Klosterkoch, auf mit Holz befeuerten alten Öfen in eisernen Kesseln zubereitet. Vom fließendem Wasser und elektrischem Licht abgesehen, scheint auch in der Tempelküche die Zeit stehen geblieben zu sein.
Das Abendessen wurde erst angefangen, nachdem alle Teilnehmer, Gäste und Mönche saßen. Während des Essens herrscht strenges Schweigen. Die köstlich zubereiteten Speisen werden in einzelnen Schalen serviert, die nacheinander zum Mund geführt werden. Jede Handbewegung unterliegt einem speziellen Ritual, was höchste Konzentration erforderte. Wir aßen schweigsam und zügig, auf das Wesentliche konzentriert. Am Ende des Essens wurde in jedes Schälchen eine kleine Scheibe Pickles gelegt und mit heißem Wasser ausgeputzt, um auch nicht den kleinsten Krümel des mühevoll angebauten Gemüses zu verschwenden.
Unglaublich wie schnell das Spülen von der Hand geht, wenn alle dabei helfen. Im Nu waren alle Schälchen wieder aufgeräumt und wir bereiteten uns auf das Zazen vor.
Um sechs trafen wir uns zusammen, jeder setzte sich auf seinen Platz und versuchte eine Position einzunehmen, in der man 2 Stunden sitzen kann. Nach 1h gab es einige Minuten Gehmeditation (eine Wohltat!), bevor die zweite Stunde Sitzmeditation begann..
Jeder Teilnehmer empfand das Sitzen anders. Fast alle hatten mit Schmerzen in Beinen und Rücken zu kämpfen, manch einer nickte während der Meditation ein. Das erhoffte Inne gehen und zur Ruhe kommen, so wurde uns schnell klar, war dem Anfänger verwehrt. Die kurze Zeit zwischen Meditation und Bettruhe verbrachten wir im Speiseraum neben der Klosterküche, wo wir endlich auch Gelegenheit hatten, mit einigen aus der Klostergemeinschaft zu reden. Um 21 Uhr ging es zu Bett.
Um 3.45 war die Nacht mit lauten Trampeln zu Ende. Ein Mönch lief mit einer lauten Glocke durch die Gänge, um uns zur ersten Zen-Meditation zu wecken. Ab 4 Uhr saßen wir wieder halbverschlafen im Zazen im Hondou. Draußen quakten die Frösche, und mit Einbruch der Dämmerung begannen die Vögel zu zwitschern. Plötzlich aber brach ein heftiges Gewitter ein Mitten in der Gehmeditation schlug der Blitz direkt in die Hondo ein. Das Licht ging aus und wir waren im Dunkeln. Doch als ob nichts passiert sei, setzten die Mönche unbeirrt ihre Meditation fort.
Glücklicherweise erwartete uns nach dem Zazen ein reich gedeckter Frühstückstisch. Doch zunächst stimmten die Mönche einen wohltönenden Sutrengesang an, bei dem man meint zu spüren, wie das Innere des Körpers zu schwingen beginnt. Das Frühstück wird im Antaiji noch streng nach den alten Regeln der Soto-Schule eingenommen. Fasziniert schauten wir zu, wie die Mönche ihre Lackschalen nach dem Essen bei Tisch nach festgelegter Zeremonie reinigten. Jeder Handgriff war einstudiert, wie in der Teezeremonie.
Nach dem gemeinsamen Abwasch der Schälchen und Tellerchen ging es ans Putzen des Klosters. Wir hatten die ehrenvolle Aufgabe, die Hondo auszufegen putzen. Danach wurden wir in zwei Gruppen eingeteilt. Die Männer mussten Holzhacken, während die Frauen das Papier auf den Shojitüren in der Hondo auswechseln durften – letzteres war eindeutig die vergnüglichere Arbeit!
Gegen halb zehn besuchte ein Mitarbeiter des Konsulats in Osaka das Kloster und wir hatten in der Pause die Möglichkeit einige Worte mit ihm zu wechseln.
Zum Abschluss war das Mittagessen. Nachdem wir uns etwas an die Stille und Strenge beim Essen gewöhnt hatten, fast ein Kinderspiel!
Alles in Allem war das Wochenende eine unglaublich interessante Erfahrung. Jeder Handgriff hatte seinen Sinn. Alles war eingespielt. Die Mönche strahlten Ruhe und Strenge aus. Auch das Essen war sehr gut!
Vielen Dank an Dinah Imanari und Andreas Hebach für die Überlassung der Bilder
Eine Nachlese zu diesem Ausflug finden Sie hier