Besuch in der Synagoge

Am Nachmittag des 9. Juli 2016 besuchte eine Gruppe von Mitgliedern unserer Gemeinde die Synagoge in Kobe. Der Besuch der Jüdischen Gemeinde in Kansai (Kansai Judaya Kyôdan) war durch die Initiative und Vermittlung von Pfarrer Andreas Rusterholz möglich gemacht worden. Begrüßt wurden wir in der in Kitano gelegenen Synagoge von Rabbi Shmuel Vishedsky. Er gab eingangs eine kurze Einführung in die Grundzüge des jüdischen Glaubens und erläuterte die Geschichte der Gemeinde in Kôbe. 

Die jüdische Gemeinde besteht seit etwa 80 Jahren, doch gehen die Anfänge jüdischer Glaubenspraxis weiter zurück, und zwar bis zu Meiji-Zeit. Nach der „Öffnung“ Japans gegenüber dem Ausland kamen auch zahlreiche jüdische Fernhändler in die Hafenstadt Kôbe, wo sie sich mit Gleichgesinnten und Glaubensbrüdern zusammenfanden. Heute umfasst die Gemeinde ca. 500 Mitglieder, die von Rabbi Vishedsky betreut werden. Als eigenständige Organisation erhält die Gemeinde keine Zuschüsse von außen; sie muss sich selbst finanzieren. In der Gestaltung des Gottesdienstes orientiert sich die Gemeinde an den Brauchen des sephardischen Zweiges des Judentums, der auf der iberischen Halbinsel seinen Ursprung hatte. Seine Anhänger ließen sich nach der Vertreibung um 1500 zunächst in Nordafrika, in Südosteuropa und in den Niederlanden nieder. Die Gemeinde ist aber auch offen fur Juden des aschkenasischen Zweiges, der sich in Osteuropa entwickelt hat. 

An den kurzen Einführungsvortrag schloss sich eine lebhafte Debatte an, da viele Mitglieder unserer Gemeinde zum ersten Mal in einer Synagoge waren. Dabei wurden viele unterschiedliche Themen angesprochen, darunter die Bedeutung der Tora, deren Text in der biblischen Übersetzung den ersten Fünf Büchern Mose entspricht. Sie gehört zum Kernbestand der jüdischen Liturgie. Jede jüdische Gemeinde besitzt eine handgeschriebene Tora, die von sogenannten Sofern, ausgebildeten Spezialisten, angefertigt wird und deren Herstellung bis zu einem Jahr dauern kann. Wie die „Weisungen“ der Tora im Alltag umgesetzt werden sollen, beschreibt der Talmud. Gottesdienste finden mehrmals am shabbat statt, der bei Einsetzen der Dunkelheit am Freitagabend beginnt und bis zum Samstagabend dauert. Männer und Frauen sitzen in der Synagoge beim Gottesdienst getrennt. Rabbi Vishedsky erzählte uns aber, dass es auch weibliche Rabbi gebe. Während des shabbat gehen Juden grundsätzlich keiner gewerblichen Tätigkeit nach und beschränken sich auch im privaten Leben auf die nötigsten Dinge.

Nach zwei Stunden haben wir die Synagoge mit zahlreichen Einsichten wieder verlassen. Dafür sei der Jüdischen Gemeinde in Kansai, und insbesondere ihrem Rabbi Vishedsky, herzlich gedankt.

 

Bilder: privat