„Singt dem Herrn ein Neues Lied“, so lautete die Überschrift der Festpredigt von Pfr. Rusterholz. Gibt es nicht genügend wunder-schöne alte Lieder? Warum also ein Neues?

 

Versuchen wir es herauszufinden!

 

Sicher hängt es mit der wechselhaften Geschichte zusam-men, die nicht nur die Kirche und ihre Mitglieder in den letzten 150 Jahren erlebten, sondern eigentlich wir alle in Ost und West. Was wir erlebten, hat unsere Denkweise beeinflusst und verändert. Hoffentlich zum Besseren, also zu einem neuen Lied.

 

Das Jubiläum war pandemie-bedingt von den allgemeinen Beschränkungen überschattet. Trotzdem war der Saal gefüllt, als der Festgottesdienst begann. Mitglieder der englischsprachigen und der deutschsprachigen Gemeinden hatten sich gemeinsam versammelt zusammen mit dreien ihrer Pfarrer/innen, eine mit japanischer Muttersprache. Auch Vertreter der Stadtverwaltung von Kobe waren anwesend, nicht nur weil die Kirchengebäude in den 150 Jahren ihres Bestehens Brennpunkte des Stadtbildes darstellten.

 

Eine Besonderheit der Gemeindemitglieder vom Gesichts-punkt ihrer staatsbürgerlichen Herkunft ist ihre Beziehung zueinander: Sie waren in der Zeit ihres Lebens zeitweilig Freund und Feind zueinander, sie standen sowohl auf der einen als der anderen Seite von Schützengräben und, oder lebten unter Menschen, deren Denkweise anders geprägt war als ihr eigene. Ihr Leben stand im Zeichen von Dankbarkeit und Erstaunen, wie es im Festvortrag ausgedrückt, wurde.

 

Nach den anfänglichen Gebeten und Gesängen, wurden ehemalige Pfarrer und Pfarrer aus Nachbar-gemeinden auf Bildwänden zugeschaltet, um ihre Glück-wünsche zu übermitteln.

 

Danach bezog sich die Festpredigt auf die Jubiläumsfeier zum 90 jährigen Bestehen der Gemeinde im Jahr 1961, wo der Zeitabschnitt von 1878 – 1961 in fünf Unterabschnitte eingeteilt wurde, um den jeweiligen Zeitgeist zu beschreiben. Die Erinnerung daran machte der versammelten Gemeinde bewusst,wie unter-schiedlich und zueinander gegensätzlich ihre Interessenlage jeweils war, aber trotzdem kamen sie dem göttlichen Gebot nach, den Feiertag zu heiligen und sich darin gegenseitig zu unterstützen.

 

Wir wollen hier nicht die Beschreibung der einzelnen Zeitabschnitte wiederholen, der Text kann auf der Internetseite www.evkobe.org nachgelesen werden, sondern nur darauf hinweisen, dass sie Anlass gaben zu Dankbarkeit und Erstaunen.

 

Das Zusammenleben betraf nicht nur die Fremden, die in Japan lebten, auch die Japaner. Ihnen war von den christlichen Fremden das Christentum gebracht. Die fremden Christen hatten damit ihren biblischen Missionsauftrag erfüllt. Die Japaner machten damit unterschiedliche Erfah-rungen.

 

Bekanntlich hatten sich nach dem Wiederaufbau einer zerstörten Kirche in Nagasaki durch Missionare mehrere tausend Japaner als Christen gemeldet, als Christsein für Japaner noch unter Todesstrafe stand. Nicht alle Christen hielten sie für echt, nach ihrer 200-jährigen Verborgenheit. Sie bauten aber ihre zerstörten Kirchen wieder auf und 12000 von Ihnen wohnten im Bereich ihrer Bischofskirche in Nagasaki. Beim Atombombenabwurf 1945 über Nagasaki wurde ihre Kirche erneut zerstört und 8000 von Ihnen fanden unmittelbar den Tod.

 

Japanische Nationalisten wiesen darauf hin, dass ihnen ihre schintoistischen Götter beige-standen hatten als sie im 13. Jahrhundert von den Chinesen angegriffen wurden, den Abweichlern aber wurde von ihrem fremden Gott nicht geholfen.

 

Trotzdem gibt es heute mehrere angesehene christliche Univer-sitäten, z.B. die Doshisha in Kyoto, die nicht von christlichen Missionaren, sondern von einem Japaner gegründet wurde, der nicht von Missionaren konvertiert wurde. Ein weiteres interessantes Beispiel stellt die Kwansei Gakuin (Universität) in Nishinomia (zwischen Kobe und Osaka) dar. Sie wurde von amerikanischen Missionaren, die Mitglieder der Union Church waren und mit Toyohiko KAGAWA zusammen-arbeiteten, gegründet.

 

KAGAWA könnte für manche Altchristen ein Ärgernis sein, denn bei einigen Theologen gilt er, wie Martin Luther, als kleiner Neugründer des christlichen Glaubens. Er ist schwer anzu-greifen, weil er das Christentum überzeugend gelebt hat. Ob er formal Mitglied der Union Church war, weiß ich nicht, aber viele seiner Schriften wurden von Missionaren ins Englische über-setzt, die in Zusammenhang mit der Kwansei Gakuin genannt werden.

 

Auf der Homepage der EKK finden Sie einen Text, der zeigt, dass er auch für die Union Church und die EKK tätig war, nämlich als in der Zeit des WWII christliche Kirchen enteignet wurden. So dass ein Modus gefunden werden konnte, der die Fortsetzung der Gottesdienste in dieser Zeit ermöglichte. Es lohnt sich, die Schriften von KAGAWA zu lesen. Er gründete sowohl Kooperativen als auch christliche Bruder-schaften, die in der Lage waren, den kommunistischen Klassen-kampf zu überwinden. Lachen sie nicht, in Zusammen-arbeit mit christlichen Missionaren, hat er historische Fälle analysiert und Regeln aufgestellt, die beachtet werden sollten, um Kooperativen betriebs-fähig zu machen.

 

Der Vortrag wurde beendet mit dem Gesang der Sängerin Olivia Carter aus Jamaika. Ihre Stimme erregte Aufmerksamkeit. War es das neue Lied?

 

Auch das Orgelspiel von Frau Nami Uchiyama weckte Lebens-geister.

 

Die Organisation der Veran-staltung deutet auf viel Mitarbeit beider Gemeinden hin. Den Mit-arbeitern ist Dank geschuldet. Auf Seiten der EKK wurden sie von Frau Myriam Müller als Kirchenvorstand zusammengehalten, auch ihr sei Dank. Den Kirchenvorstand der KUC vergessen wir dabei nicht.

 

Gottfried Wollboldt